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Tschechische Republik

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Case Study Information

Greening processes

Energie-Effizienz, Ressourcenintensität, Abfallwirtschaft, Nachhaltige Landwirtschaft, grünes Marketing/ Labels

Greening input

Erneuerbare Energie, Nachhaltige Rohstoffe

Greening workplace

Greening outputs

Angebot von Ökologisierungsprodukten
Company size headcount: >250
Company size turnover: Rund 10 Mio. €
Interviewed: Incumbent (ältere Generation), Nachfolger (nächste Generation)
Industry: Verarbeitendes Gewerbe

Background

Das Papiergeschäft von Plojhar gibt es seit mehr als 130 Jahren. Der Gründer des Unternehmens, František Ployhar (*1864), hatte eine Ausbildung zum Buchbinder und sammelte, wie damals üblich, Erfahrungen an der deutsch-französischen Grenze. Am 4. September 1888 gründete er in České Budějovice die Firma Knihařství Ployhar, die seither von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Zu dieser Zeit galten Bücher als Kunstwerke, und ihre Herstellung war eine außergewöhnliche Handwerkskunst. In der Buchfabrik von Ployhar wurden zum Beispiel ledergebundene und vergoldete Bücher hergestellt.

Mit dem Wachstum des Unternehmens passte sich die Ausrichtung entsprechend den Markt- und Kundenbedürfnissen an. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Produktion auf Kartonagen, also die Herstellung von Kartonverpackungen, ausgeweitet. Dank der Hartnäckigkeit und des Einfallsreichtums des Firmeninhabers überstand das Unternehmen die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Doch es folgte ein weiterer Rückschlag – die Besetzung durch die Nazis. Obwohl das Unternehmen keine Mittel hatte, stellte Bohumil Ployhar fünf weitere Mädchen ein, um sie vor dem totalen Einsatz im Deutschen Reich zu retten. Als großer Nationalist weigerte er sich, für die Wehrmacht zu arbeiten, und verlor nach und nach Arbeitskräfte sowie Materialrationen, bis nur noch vier Familienmitglieder und ein Buchbinder im Unternehmen verblieben. Dennoch blieb Bohumil ein Visionär und träumte davon, nach dem Krieg eine groß angelegte Produktion von luxuriösen handgeschnittenen Briefpapieren in Geschenkboxen und Fotoalben zu starten. Nach dem Zweiten Weltkrieg erweiterte das Unternehmen seinen Fokus auf den Einzelhandel mit Schreibwaren. In den 1950er Jahren verlor die Familie Plojhar aufgrund des aufkommenden Kommunismus im Land das Recht, ihr Unternehmen zu besitzen. Das Unternehmen wurde zwangsweise einer Produktionsgenossenschaft angeschlossen, und die Eigentümer wurden zu einfachen Angestellten. Im Jahr 1990, während der Restitution, kehrte das Unternehmen in die Hände der Familie Plojhar zurück, allerdings nicht zum Nulltarif – Bohumil Plojhar sen. musste das Unternehmen aufkaufen. In der Folgezeit erweiterte er den Tätigkeitsbereich des Unternehmens um die Papierherstellung und konzentrierte sich vor allem auf die maßgeschneiderte Kartonproduktion.

Im Jahr 1998 trat der heutige Geschäftsführer des Unternehmens, Herr Bohumil Plojhar Jr., der Sohn von Herrn Bohumil Plojhar Sr., in das Unternehmen ein und wurde als Fahrer eingestellt. Mehrere Jahre lang lieferte er Material oder Fertigprodukte an Kunden aus. Als zukünftiger Eigentümer begann er wirklich bei Null und lernte die Funktionsweise des Unternehmens kennen – von der Produktion über die Logistik und das Lager bis hin zur Unternehmensleitung.

Im Jahr 2004 wurde das Unternehmen an die Gebrüder Plojhar, Bohumil Jr. (*1963) und Petr (*1970) Plojhar, übergeben. Bohumil stieg zum Marktleiter auf, wo er bis 2019 tätig war. Sein Bruder Petr verließ das Unternehmen im Jahr 2017, und Herr Bohumil stellte einen externen Mitarbeiter ein, um das Geschäft im Jahr 2019 zu leiten. Da er mit dessen Arbeit jedoch nicht zufrieden war, übernahm er 2023 selbst die Leitung. Derzeit befindet sich das Unternehmen im Prozess der Übergabe an die nächste Generation. Der Geschäftsführer des Unternehmens ist der Sohn von Herrn Bohumil, Jakub Plojhar, der als Vertreter der 5. Generation das Unternehmen leitet und sich der Modernisierung widmet. Er verwandelt die Fabrikläden in außergewöhnliche Orte, an denen das Einkaufen zum Erlebnis wird. Der zweite Vertreter der 5. Generation der Familie Plojhar im Unternehmen ist Jakubs älterer Bruder Jan (*1987), der seit 2016 als Systemmanager im Unternehmen tätig ist.

Sustainability transition

Bioprodukte und ihr Vertrieb

Herr Bohumil, der heutige Geschäftsführer und Eigentümer des Unternehmens, hat Plojhar zu einem ökologisch orientierten Unternehmen gemacht. Schon immer war ihm die Umwelt wichtig, aber es war nicht immer einfach, diesen Ansatz mit den wirtschaftlichen Anforderungen zu verbinden.

 

Seine erste innovative Idee war es, den firmeneigenen Autotransport umweltfreundlicher zu gestalten. Zu dieser Zeit führte das Unternehmen Fahrzeuge mit komprimiertem Erdgas (CNG), obwohl dieser Verkehrsträger in der Tschechischen Republik noch nicht weit verbreitet war. Dennoch entschloss sich Herr Plojhar, alle Transporte auf CNG umzustellen. Die umweltfreundlicheren und vor allem kostengünstigeren Aussichten dieser Umstellung waren besonders durch die im Vergleich zu Benzin oder Diesel niedrigeren Quellensteuern sehr positiv. Auch wenn die Umstellung auf CNG-Spezialfahrzeuge und die noch unzureichende Tankstelleninfrastruktur zusätzliche Herausforderungen mit sich brachten, konnte das Unternehmen durch den günstigeren Kraftstoffpreis über einen Zeitraum von 4 bis 5 Jahren die Transportkosten deutlich senken. Im Laufe der Zeit baute Plojhar sogar eine eigene CNG-Tankstelle, um das Erdgas direkt vor Ort zu komprimieren.

 

Das zweite umweltfreundliche Projekt des Unternehmens waren die Solaranlagen auf den Dächern der Betriebsgebäude. 2016 wurde das erste Solarkraftwerk der Familie Plojhar installiert, das heute eine Kapazität von 90 kW hat. Das Unternehmen ist stolz auf die Qualität und Nachhaltigkeit seiner Produkte und trägt das FSC-Zertifikat (Forest Stewardship Council), das den Kunden garantiert, dass das verwendete Material aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt. Die meisten der von Plojhar verarbeiteten Materialien sind entsprechend zertifiziert. Auch im Recycling setzt das Unternehmen Maßstäbe: Plojhar recycelt so viel Papier wie möglich, das zur Herstellung von Kartonverpackungen oder Papierprodukten verwendet wird. Selbst die Pappe, die für Kartonverpackungen genutzt wird, ist nachhaltig und kann bis zu 22 Mal recycelt werden. Das Lebenszykluskonzept von Plojhar-Produkten endet also nicht, wenn sie in der Mülltonne landen. Das Unternehmen hat bei jeder Entscheidung, ob groß oder klein, einen nachhaltigen Weg gewählt. Auch bei der Erweiterung der Produktionsfläche wurde auf umweltfreundlichere Materialien gesetzt. So sind etwa einige der Wände der Lagerhallen nicht aus Ziegeln, sondern aus gepressten Strohbrettern gefertigt, was ihre Überzeugung widerspiegelt, dass alternative Materialien neben Beton und Stahl ihren Platz haben sollten.

 

Ein weiterer wichtiger Faktor bei den Entscheidungen war, dass Plojhar kein Großunternehmen ist. Das Unternehmen konnte es sich daher nicht leisten, ökologische Entscheidungen zu treffen, die wirtschaftlich nicht vorteilhaft waren. Auch die bürokratischen Hürden, die mit nicht-routinemäßigen Geschäftsprozessen verbunden sind, spielten eine Rolle. Die beiden Vertreter von Plojhar – Vater und Sohn – sind sich einig, dass Bürokratie ein großes Hindernis für Unternehmer darstellt. Sie bezeichnen die bürokratischen Prozesse in der Tschechischen Republik als „das größte Hindernis für die Wirtschaft unseres Landes“ und bestätigen, dass sie in ihrer gesamten Geschäftstätigkeit damit am meisten zu kämpfen hatten. Herr Bohumil ist für alle ökologischen Technologien und Praktiken zuständig. Er schlug die Entscheidungen für umweltfreundlichere Praktiken selbst vor, und da diese mit der Gesamtstruktur des Unternehmens übereinstimmten, war die Umsetzung aus unternehmerischer Sicht problemlos. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass beide Generationen grüne Werte teilen und Nachhaltigkeit als einen wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit ansehen.

Das größte Plus dieser ökologischen Initiativen sind die wirtschaftlichen Vorteile. Plojhar war eines der ersten Unternehmen, das CNG-Transporter einführte. Heute besitzt das Unternehmen vier Lkw, einen Lieferwagen und vier CNG-Pkw, die 95 % des Fuhrparks abdecken. Dadurch werden Verbrennungsgase, Asche und andere giftige Abgase erheblich reduziert. Aus wirtschaftlicher Sicht spart Plojhar beispielsweise bei den Lkw zwischen der Hälfte und einem Drittel der jährlichen Betriebskosten – das bedeutet zwischen 200.000 und 300.000 CZK (ca. 7.800 – 11.800 EUR) pro Jahr und Fahrzeug. Die eigene CNG-Tankstelle trägt entscheidend zu diesen Einsparungen bei. Auch die neuen Fahrzeuge, die das Unternehmen plant, werden mit CNG betrieben, was sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Für die Zukunft plant Plojhar, weitere innovative Technologien einzuführen, die zur Verbesserung der Umwelt beitragen, um langfristig ein grünes Unternehmen zu bleiben. Die beiden Vertreter der Familie Plojhar sind überzeugt, dass alle bestehenden Umweltpraktiken vorteilhaft sind.

Learning points and actions to consider

Beide Vertreter der Familie Plojhar sind sich einig, dass nachhaltiges Wirtschaften für sie keine PR-Maßnahme, sondern eine tief verwurzelte Überzeugung ist. Für sie geht es darum, ihre Werte in die Praxis umzusetzen und diese Entscheidung klar und verständlich an die Unternehmensführung sowie an alle Mitarbeiter zu kommunizieren, damit alle im Unternehmen auf derselben Wellenlänge sind.

Herr Bohumil empfiehlt Unternehmen, die mit ökologischen Verfahren beginnen wollen, sich auf mögliche Komplikationen im Umgang mit staatlichen Behörden einzustellen. Aus seiner Erfahrung heraus interpretiert jeder Beamte das Gesetz anders, was die Zusammenarbeit erschwert und zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt.

Herr Jakub fügt aus seiner Erfahrung hinzu, dass es wichtig ist, diese Investitionen im Voraus gut zu kalkulieren. Noch entscheidender ist jedoch, innovative grüne Lösungen so zu implementieren, dass sie für das Unternehmen nicht nur wirtschaftlich sinnvoll sind, sondern auch einen echten Mehrwert bieten. Er empfiehlt Unternehmen, sich immer wieder zu fragen: „Wollen wir das wirklich tun? Haben wir die Ressourcen und Kapazitäten? Macht es für uns langfristig Sinn?“ und sich nicht einfach von gesetzlichen Vorschriften oder der Vorstellung leiten zu lassen, dass es dem Unternehmen einen gewissen Gewinn bringt. Seiner Meinung nach sollte die Motivation für nachhaltige Entscheidungen viel größer sein als die rein wirtschaftliche Rendite.

Für die Zukunft plant Plojhar, weitere innovative Technologien einzuführen, die nicht nur die Umwelt verbessern, sondern auch das Unternehmen langfristig als grünes Vorbild etablieren.

Reflections

  • Wie kann ich den Übergangsprozess innerhalb meines Unternehmens effektiv kommunizieren?
  • Wollen wir diesen Schritt wirklich gehen? Haben wir die nötigen Ressourcen und Kapazitäten? Macht es langfristig Sinn für uns?